schubUmkehr: Anderes Wirtschaften – können wir das überhaupt?

Aus Lust am Weniger: Es geht gar nicht um Verzicht, wie so häufig propagiert wird. Es geht darum zu erkennen, dass wir viel zu viel haben, dass uns weniger – nämlich das Gesunde Maß – völlig reichen würde. Dann ist Wandel aus voller Überzeugung möglich.


Wie wollen wir ein vernünftiges Wirtschaften gestalten, wenn wir immer zuallererst an uns selbst denken und nur an uns? Wenn wir auf die Straße gehen und unsere durch Corona-Maßnahmen eingeschränkte Freiheit zurückverlangen, während viele andere Menschen auf der Welt noch nicht einmal einen Hauch von Freiheit kennen?

 

Wenn wir unsere Bäuche weiter mit importiertem Billigfleisch vollstopfen, das aus eben diesen anderen Ländern stammt, weil Bio ja zu teuer ist.

 

Wenn wir haufenweise Klamotten – gefertigt unter unfairen Arbeits- und Lebensbedingungen in eben diesen Ländern – bei Online-Versendern bestellen, die ebenfalls systematisch ausbeuten und unsere Umwelt zerstören?

 

Was braucht es, um dies “Sich-im-Kreise-Drehen“ zu durchbrechen? Vielleicht lediglich einen Perspektivenwechsel! Wo würdest du leben, was essen und trinken, wenn ein Leben auf der Erde nicht mehr möglich wäre? Wir können gar nicht anders als mit unseren natürlichen Ressourcen zu haushalten. Denn gibt es sie nicht mehr, sterben auch wir.

 

Der Schweizer Künstler Julian Charrière sagt es so (sinngemäß): "... Über viele Jahrhunderte hinweg haben wir gelernt, dass wir (Menschen) kein Teil der Natur sind. Wir wurden zu Betrachtern der Natur. Betrachten bedeutet aber trennen ..." Doch eigentlich müssen wir in Symbiose sein, wie es auch der amerikanische Philosoph Timothy Morton in seinem neuen Buch "Ökologisch sein" geschrieben hat: "... Wir atmen, wir essen Tiere und Pflanzen, wir sind unauflöslich mit der Natur verbunden. Wir sind also in einer Symbiose. Die Idee der Symbiose muss der Motor der Veränderung sein. Es gibt keine Alternative. Symbiose ist ein anderes Wort für Empathie. Wir brauchen mehr Mitgefühl für unsere Natur. Sie ist auch unsere Kultur. Also brauchen wir auch mehr gegenseitige Empathie“.

 

Und wie ändert man diese alten Bilder? Nun – da sind wir wieder bei uns selbst angelangt. Kein Politiker, keine Politikerin, nicht die Medien, nicht Virolog*innen, nicht Philosoph*innen, auch keine Wissenschaftler*innen, nicht Bill Gates und schon gar nicht Verschwörungstheorien ändern hier etwas. Sie sind lediglich Meinungen und Ansichten – eben Betrachtungen!

 

Nur wenn wir einen Bezug zu uns selbst herstellen, uns auf unseren gesunden Menschenverstand besinnen, unseren Bauch hören und im Austausch miteinander sind, erkennen wir, wie es unseren Mitmenschen und unserer Umwelt geht und ob, das, was von verantwortlicher Stelle entschieden und deklariert wird, klug und weise im Sinne des Lebens auf unserem Planeten ist. Dann sind wir wach und können einfach handeln, ausprobieren im Alltag, Gewohnheiten und Taten hinterfragen, müssen nicht darauf warten, dass die richtigen politischen Entscheidungen getroffen werden. Wir tun einfach das, was wir für richtig und gut halten und beeinflussen damit unser Umfeld und bringen es zum Umdenken. Dafür braucht es keine großen Reden, keinen Zeigefinger, sondern einfach nur unser authentisches Tun.


konkrete denkanstösse

  • Worauf kann ich gerne verzichten?
  • Wie langlebig sind die Sachen, die ich kaufe und können sie recycelt oder kompostiert werden?
  • Was kaufe ich, wo und wieviel? Welche Kettenreaktion löse ich mit meinem Kauf aus?
  • Wo kann ich Kaputtgegangenes reparieren oder gebraucht kaufen?
  • Wo gibt es gute, langlebige und wertige Kleidung/ Dinge des täglichen Bedarfs?
  • Wie kann ich Plastikmüll vermeiden?
  • Kann ich meinen geplanten Eigenheim-Neubau vor unseren Mitmenschen und vor der Natur überhaupt verantworten? (Architects for future z.B. bezeichnen einen Eigenheimbau sinngemäß als eine der größten Umweltsünden überhaupt.) Also ist Sanieren besser als neu bauen ...
  • Brauche ich ein eigenes Auto? Wann kann ich zu Fuß, mit dem ÖPNV oder dem Fahrrad unterwegs sein? Kann ich mein Auto teilen? Wie groß muss mein Auto überhaupt sein?
  • Warum Energie nicht einfach selbst zu erzeugen: mit Solar- und Windkraft. Oder auf den Vermieter einwirken, dass er darin investiert?
  • Reicht im Haushalt 1 umweltfreundliches und natürliches Putzmittel aus? Kann ich es kostengünstig selber herstellen?
  • Experiment: Ist ein gesünderer und nachhaltiger Lebensstil tatsächlich teurer? Habe ich das schon mal ausprobiert?
  • Regionales kaufen: Das betrifft alle Dinge des täglichen Lebens, alles, was wir anschaffen – vom Gemüse und Obst bis hin zu Einrichtungsgegenständen. 
  • Genügsam und geduldig sein, denn es ist regional nicht immer alles verfügbar. Doch das, was es gibt, ist nahrhaft und schont Ressourcen.
  • Grundsätzliche Einstellung: egal ob Lebensmittel, Kleidung, Bau- und Renovierungsmaterialien, Elektronik, Hobby: Durch Reduzierung auf die notwendigsten, aber nachhaltigsten und durchdachtesten Produkte kann ich großen Einfluss nehmen.
  • Brauche ich wirklich einen kompletten Fuhrpark an Elektrogeräten, wie Kettensäge, Bohrhammer, Heckenschneidemaschine, Kreissäge, Rasenkantentrimmer, Laubbläser aber auch all die Küchengeräte? Oder kann ich all das nicht von/ an Nachbarn (ver)leihen? Das hätte den angenehmen Nebeneffekt, dass ich meine Nachbarn kennenlerne ... ;)
  • Brauche ich überhaupt einen eigenen Garten oder kann ich ihn nicht teilen? Als Gemeinschaftsgarten zum Beispiel.
  • Braucht es in jedem Eigenheim eine komplett ausgestattete Werkstatt? Kann man nicht eine Gemeinschaftswerkstatt ins Leben rufen? Gemeinsam bastelt es sich leichter.
  • Und zu guter letzt: Auch wenn ich meinen Beruf nicht gleich aufgeben kann, weil er für die Umwelt und unser Gemeinwohl vielleicht weniger sinnvoll ist: Was kann ich dennoch ändern? Wo kann ich mich dafür einsetzen, dass mein Job bzw. mein Unternehmen zumindest etwas nachhaltiger wird?

Diese Liste ist unendlich erweiterbar ... probiere es aus!